Verein der Seltenen Erkrankungen

 Muckle-Wells-Syndrom (MWS)

Das Muckle-Wells-Syndrom (MWS) ist eine sehr seltene Stoffwechselkrankheit, die durch einen Gendefekt entsteht. Sie zählt zu den autoinflammatorischen Erkrankungen. Das heißt, es kommt immer wieder zu Fieber, Hautausschlag und Entzündungen im Körper, ohne dass es dafür einen Auslöser wie einen Infekt oder eine Allergie gibt.


MWS zählt zu den Cryopyrin-Assoziierten Periodischen Syndromen, auch CAPS genannt. Diese autoinflammatorischen Erkrankungen richten sich im Gegensatz zu Autoimmunerkrankungen nicht gegen das eigene Abwehrsystem.


Der Körper produziert jedoch eigenständig übermäßig viele Entzündungsstoffe, die ohne Grund plötzlich zu Entzündungserscheinungen an verschiedenen Körperstellen führen.

Nur wenige bekannte MWS-Fälle
1962 wurde das Muckle-Wells-Syndrom erstmal von den englischen Ärzten Thomas James Muckle und Michael Vernon Wells beschrieben. Ihnen verdankt die Krankheit ihren Namen. In Fachkreisen wird MWS jedoch auch als Urtikaria Taubheit Amyloidose Syndrom bezeichnet.


Die Betroffenen stammen überwiegend aus Europa. Allerdings kann die Dunkelziffer höher liegen, da die Krankheit wegen ihrer Seltenheit von Ärzten nicht gleich erkannt wird.

Was sind die Ursachen des Muckle-Wells-Syndroms?

Ursache für den Ausbruch des Muckle-Wells-Syndroms ist in zwei Dritteln der Fälle eine Mutation am Gen NLRP3 auf dem Chromosom 1.


Dieser Gendefekt wird autosomal-dominant vererbt.

Das heißt, dass Vater oder Mutter diesen Gendefekt weitergegeben haben.


Diese Mutationen führen dazu, dass der Körper immer wieder Entzündungsreaktionen auslöst, ohne eine Ursache wie eine Infektion oder eine Allergie dafür zu haben. Er spielt sich die Entzündung sozusagen selbst nur vor. Das macht die Diagnose oft sehr schwierig, da Ärzte keinen Entzündungsauslöser der Beschwerden finden können.


Was sind die Symptome des Muckle-Wells-Syndroms?

Sehr typisch für das Muckle-Wells-Syndrom sind immer wiederkehrende Entzündungen, die am ganzen Körper auftreten können. Die häufigsten sind:


  • Entzündungen der Gelenke (Arthritis)
  • Mundschleimhautentzündung
  • Entzündung der Augen (Konjunktivitis)
  • Entzündungen der Muskeln
  • Zusätzlich leiden die Betroffenen meist unter weiteren Beschwerden, wie
  • Hautausschlag, Nesselsucht, die bereits im Säuglingsalter auftritt (Urtikaria)
  • Fieber
  • allgemeines Krankheitsgefühl
  • Schüttelfrost
  • Hörstörungen, Schwerhörigkeit bis hin zur Taubheit
  • Probleme mit den Augen, z.B. Schmerzen hinter den Augen oder eine Sehschwäche
  • andauernde Müdigkeit
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit



Bereits bei Babys und Kindern zeigen sich erstmals die Symptome mit leichtem Fieber und einem nicht juckenden Hautausschlag, der Nesselsucht.


Die Symptome treten oft in Schüben auf und werden durch Müdigkeit, Stress oder Kälte ausgelöst.

In der Regel verschwinden die Beschwerden nach spätestens 36 Stunden wieder. Bis zum nächsten Krankheitsschub sind die Betroffenen frei von Beschwerden.


Einen schwerwiegenden Verlauf nimmt die Krankheit, wenn es zu einer Amyloidose vom Typ AA kommt. Dann lagern sich übermäßig viele Proteine zwischen den Zellen ab, was zu massiven Schäden an Niere, Nebennieren, Milz, Leber und am Magen-Darm-Trakt führen kann


Wie erkennt der Arzt das Muckle-Wells-Syndrom?

Das Muckle-Wells-Syndrom wird meist über die typischen Symptome diagnostiziert, die der Arzt bei der Untersuchung feststellt.


Allerdings kann sich die Diagnostik oft über Jahre hinweg ziehen, da das Muckle-Wells-Syndrom sehr selten vorkommt und oft nicht sofort erkannt wird. Im Gespräch wird der Arzt die Krankheitsgeschichte der Familienmitglieder erfragen. Da es sich beim Muckle-Wells-Syndrom um eine Erbkrankheit handelt, gab es meist in früheren Generationen bereits eine Erkrankung.


Beim Bluttest können eine erhöhte Blutsenkungsrate und ein hoher Gehalt von C-reaktivem Protein nachgewiesen werden.


Um festzustellen, ob bereits eine Amyloidose vorhanden ist, wird ein Urintest oder eine Nierenbiopsie durchgeführt. Zusätzlich erfolgt ein Audiogramm, um eine Innenohrschwerhörigkeit abzuklären.


Absicherung durch Gentest


Eine ebenfalls sehr seltene Krankheit ist das Schnitzler-Syndrom, bei dem es zu ähnlichen Symptomen kommt. Zur Absicherung der MWS-Diagnose kann die Mutation am NLRP3-Gen inzwischen über einen Gentest nachgewiesen werden.


Wie wird das Muckle-Wells-Syndrom behandelt?

Der Gendefekt, der dem Muckle-Wells-Syndrom zugrunde liegt, kann nicht ursächlich therapiert werden.


Es gibt jedoch die Möglichkeit, die Entzündungssymptome durch Interleukin-1-Hemmer wie Anakinra zu lindern.

Das Medikament, das sonst zur Behandlung von Gelenksentzündungen bei Rheumatoider Arthritis verwendet wird, hat auch beim Muckle-Wells-Syndrom zu guten Erfahrungen geführt.


Meist ließ sich dadurch das Hörvermögen verbessern, die Entzündungen der Gelenke lindern und das Fieber senken. Das Mittel wird täglich etwa zur selben Uhrzeit unter die Haut gespritzt.


Eine weitere Möglichkeit ist die Gabe von Canakinumab, das bereits Kindern verabreicht werden kann. Denn je früher die Behandlung gegen das Muckle-Wells-Syndrom erfolgt, umso besser können die Symptome eingedämmt werden.

Gegen die Schwerhörigkeit hilft zusätzlich ein Hörgerät. Die Entzündungen in den Gelenken werden meist mit Medikamenten gegen Rheuma behandelt.


Wie kann ich vorbeugen?/Wie sind die Heilungschancen?

Gezielt gegen das Muckle-Wells-Syndrom vorzubeugen, ist derzeit nicht möglich.


Elternteile, die den Gendefekt in sich tragen, sollten sich dem erhöhten Risiko bewusst sein, die Veranlagung auf ihr Kind zu übertragen. Um sicher zu gehen, können entsprechende Gentests die Genmutation nachweisen.


Bisher gibt es keine Heilung für das MuckleWellsSyndrom, da der Gendefekt nicht beseitigt werden kann.

Die Therapie beschränkt sich auf die Behandlung der typischen Symptome wie Nesselsucht und Entzündungen.


Setzt die Behandlung früh ein, am besten gleich im Kindesalter, sind die Prognosen recht gut, dass sich die Beschwerden dauerhaft lindern lassen.


Je nachdem, wie ausgeprägt die Krankheit ist, kann das MWS jedoch einen schweren Verlauf nehmen und die Lebenserwartung und -qualität reduzieren. Vor allem wenn es zu einer Amyloidose kommt, kann die Funktion der Organe stark darunter leiden. Eine mögliche Komplikation ist Nierenversagen. Auch der Hörverlust kann sich unbehandelt zur völligen Taubheit entwickeln.



Quelle:rtv gesund & vital Redaktion / TS 23.02.2019


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